Neues zum Thema Pkw-Maut

(nth) Die 2005 gestartete, streckenabhängige Lkw-Maut könnte man theoretisch auf den Pkw-Verkehr ummünzen. Sie gestaltet sich aber umständlich und würde für die Autofahrer richtig teuer werden.

Dem Bund fehlt Geld, wie immer, für den Unterhalt des maroden Straßennetzes und so weiter. Die Pkw-Maut würde ihm Milliarden bescheren. Fest steht wohl, dass die Maut kommen wird, aber nicht wann und wie. Der jüngster Vorschlag kommt dieses Mal aus dem Umweltbundesamt (UBA): eine fahrleistungsbezogene Pkw-Maut auf dem gesamten deutschen Straßennetz. UBA-Präsident Jochen Flasbarth erläuterte der „Berliner Zeitung“: „Die streckenbezogene Maut ist die gerechteste Lösung, weil die Kosten dort bezahlt werden, wo sie entstehen.“ Eine Vignette, wie sie beispielsweise in Deutschlands Nachbarländern Schweiz und Österreich verwendet werden, gewährleisten das nicht. Dort zahlt der Bürger pauschal und unabhängig davon, wie viel er fährt.

Erfahrungen mit Toll Collect seit 2005

Die streckenbezogene Maut ist die gerechteste und eleganteste Lösung, wenn die Grundsatzentscheidung für die Maut gefallen ist (womit sich die Politik, immer die sich nähernde Landtagswahl in NRW vor Augen, noch schwertut). An der öffentlichen Diskussion irritiert allerdings eines: Sie wird so geführt, als hätte man keinerlei Erfahrungen mit diesem Thema. Dabei hat kein Staat so umfangreiche Kenntnisse wie Deutschland mit seiner elektronischen, satellitengestützten Mauterhebung. Seit 2005 werden Lastwagen auf deutschen Autobahnen und drei Landstraßenabschnitten zur Kasse gebeten. Das Konsortium Toll Collect treibt die Maut ein – mehr als drei Milliarden Euro jährlich.

„Es gibt keine Anfrage an uns für ein Mautszenario, das auch den Pkw-Verkehr erfasst“, wundert sich Toll-Collect-Sprecherin Claudia Steen über das Desinteresse der Politik. Weder die Bundesregierung, so Steen, noch das Umweltbundesamt hätten sich bislang nach den Erfahrungen des Berliner Betreibers erkundigt. Und nun kommt plötzlich Flasbarths Vorstoß mit der Idee einer streckenabhängigen Maut in der Öffentlichkeit.

Und dabei läuft die Lkw-Maut nach anfänglich massiven Problemen und Verzögerungen inzwischen seit Jahren reibungslos. Es wäre ausgesprochen naheliegend, das Mautsystem auf Autos zu erweitern. „Rein von der Technologie her könnte man das System übertragen. Es wäre nach jetzigem Stand der Technik die einzige vernünftige Lösung“, befindet Steen.

Verbraucherschützer empören sich aber schon heute über die finanziellen Belastungen des Autofahrers, welche sie bereits jetzt für überschritten halten. Das 2005 installierte Mautsystem kostet nicht nur pro Kilometer, dieses Hindernis wäre durch eine Verringerung oder Abschaffung der Kfz-Steuer noch aufkommensneutral auszugleichen, sondern würde dem Autofahrer erst einmal tief in die Tasche greifen.

Horrende Kosten für Mauterhebung

Die Fuhrunternehmer haben drei Möglichkeiten ihre Fahrten abzurechnen: Sie können sie entweder im Internet anmelden, eines von 3600 Terminals entlang der Straßen nutzen oder den bequemsten und mittlerweile auch üblichsten Weg wählen, per so genannter Onboard-Units (OBUs), die in den allermeisten Lastwagen montiert sind. Diese kleinen Kästen in der Größe eines Autoradios, die Fahrzeugdaten und einen Telefon-Chip enthalten, melden die absolvierten, mautpflichtigen Strecken des Brummis dem Zentralrechner immer mal wieder per SMS. Bei einem Lastwagen ohne die entsprechende Vorrüstung mit Kabeln, Stromanschluss und GPS-Ortungssender, der für den Betrieb des OBU zwingend nötig ist, kostet der Einbau in der Nutzfahrzeugzentrale von Mercedes-Benz in München rund 400 Euro.

Diese Kosten zahlt jetzt der Fuhrunternehmer. Müssen die Autobesitzer auch mit solchen Anschaffungskosten rechnen? Mit der einmaligen Zahlung ist es nach jetzigem Stand der Technik vielleicht auch noch nicht einmal getan. Beim Besitzerwechsel muss das Kästchen ja auch ausgebaut (rund 120 Euro), zum Betreiber Toll Collect nach Berlin geschickt werden, dort von den Daten des ehemaligen Besitzers befreit und anschließend von einem anderen Servicepartner, mit den Daten des neuen Fahrzeuges versehen, wieder eingebaut werden. Was selbst mit Vorrüstung mindestens den gleichen Betrag kostet.

Die Betreiber und Werkstätten reiben sich die Hände

Dieses komplizierte System wäre eine Einnahmenschwämme für die Servicebetriebe und den Mautbetreiber, der die Kosten der OBUs (aktuell etwa 250 Euro pro Stück) dem Auftraggeber in Rechnung stellt. Damit dürfte ein Aufschrei durch die Autofahrerreihen gehen. Auch wenn es sich aus Sicht der Regierung rechnen dürfte. „Die Kosten gehen kontinuierlich nach unten“, sagt Steen, „im abgelaufenen Geschäftsjahr haben wir noch 11,2 Prozent der Mauteinnahmen für die Unterhaltung des Systems aufgewendet“. Da widerspricht Toll Collect den Horrorzahlen von 20 Prozent Verwaltungsaufwand und mehr, wie sie die Autoclubs anprangern.

So manche Frage bleibt da offen. Ist es wirklich nötig, dass dieses System so kompliziert bleibt? Die Konzeption ist nun schon fast zehn Jahre alt und nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand der Technik. Moderne Geräte könnten schon kleiner sein, müssten nicht mehr die Fahrgestellnummer des Autos enthalten und Besitzerwechsel würden automatisch erfasst.

Wären denn die Kontrollbrücken auf Deutschlands Autobahnen dem Fahrzeugansturm gewachsen? Theoretisch müsste es doch egal sein, ob 640 000 Laster oder 5 Millionen Autos erfasst werden. Diese Fragen sollen nur offenbaren, dass die wegeabhängige Maut wohl kaum von heute auf morgen eingeführt wird. Die technischen Vorarbeiten, als auch die Fragen rund um den Datenschutz, dürften noch Jahre in Anspruch nehmen.

Quelle: Focus Money online vom 16.04.2010

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