Bröckelnde Asphaltdecke auf der A 1
(nth) Ganze zwei Monate war die A 1 auf diesem Abschnitt nach der Freigabe Loch- und Baustellenfrei. Dem bislang größten gemeinschaftliche Projekt von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft drohen desaströse Folgen.
Die Hauptschlagader zwischen Bremen und Hamburg findet immer wieder mit Negativmeldungen ihren Weg in die Medien: Schwere Unfälle, kilometerlange Staus und vor allen Dingen genervte Autofahrer. Den Dauerbaustellen beim sechsspurigen Ausbau der Autobahn folgen jetzt noch zahlreiche Löcher in der neuen Asphaltdecke. Auch hier taucht der Name des Mannheimer Baukonzerns Bilfinger Berger auf, wie bei den Pfusch-Vorwürfen bezüglich des U-Bahn-Baus in Köln und Düsseldorf. Ist das Zufall?
„Der oberste Belag bröselt einfach weg“, beschreibt Heiko Gerken von der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Verden die Probleme. „Die Fahrbahndecke löst sich vier Zentimeter tief auf.“ Nach nur zweieinhalb Monaten seit der Freigabe wird ein Autobahn-Teilstück bei Bremen damit schon wieder zum Sanierungsfall. Der Schadensumfang, die damit verbundenen Kosten und Dauer der Reparatur sind noch nicht absehbar, so die Behörden.
Das bisher größte Gemeinschaftsprojekt von öffentlicher Hand und Privatwirtschaft (Public Private Partnership) in der Bundesrepublik wird von dieser unangenehmen Entwicklung überschattet. Finanziert wurde der Ausbau der 73 Kilometer langen Strecke und dessen Betrieb und Erhaltung vom Konsortium „A1-mobil“. Im Wesentlichen beteiligte sich der internationale Baukonzern Bilfinger Berger (Mannheim) und die Bunte-Gruppe (Papenburg). Während Bilfinger Berger seit Wochen tief im U-Bahn-Bauskandal verstrickt ist, hatte sich die Bunte-Gruppe den Zuschlag für den Bau des Tiefwasserhafens in Wilhelmshaven erklagt und derzeit prozessiert sie wegen der entstandenen Mehrkosten.
Am 10. März äußerte sich das „A1-mobil“-Konsortium nur knapp zu den Schäden: „Die Ermittlungen der Ursachen dauern an.“ Auf die Bauzeit bis Ende 2012 würde sich der Vorfall nicht auswirken. Medienberichten zufolge soll im April ein Gutachten vorgelegt werden. Die Landesregierung in Hannover wartet mit Spannung auf das Ergebnis. „Es ist Aufgabe des Konsortiums, wie es zum Ziel kommt. Die Verantwortung trägt ‚A1-mobil’“, sagte Heike Haltermann von der Landesstraßenbaubehörde.
Von Experten wird in der Zwischenzeit weiter über die Ursachen der Pannen gerätselt. Auch Dirk Matthies vom ADAC Weser-Ems in Bremen wundert sich. „Das ist schon sehr merkwürdig. So etwas kennt man nicht von neuen Straßen.“ Der als Flüsterasphalt bekannte Belag wurde schon des Öfteren verwendet und der Frost dürfte kaum eine große Rolle dabei gespielt haben. Laut Matthies könne nur ein Fehler bei der Verfahrensweise verantwortlich sein.
Die A 1 ist in Deutschland eine der wichtigsten Straßen und wird auch als Hansalinie bezeichnet. Im europäischen Fernstraßennetz verbindet sie die deutschen Seehäfen und Skandinavien mit den süd- und südwesteuropäischen Wirtschaftsräumen. Allein über diese Autobahn zwischen Hamburg und Bremen rollen jeden Tag 70.000 Fahrzeuge. Rund ein Viertel davon sind Lastwagen.
Quelle: sueddeutsche.de vom 11.03.2010