Rückt die PKW-Maut näher als wir denken?

(nth) Unser Finanzminister Wolfgang Schäuble freut sich jeden frühen Nachmittag über einen bestimmten Überweisungseingang. Dann nämlich erreichen ihn werktäglich 19 Millionen Euro LKW-Maut vom Münchener Rechenzentrum Toll Collect.

Sein Kollege beim Verkehrsministerium sieht von diesem Geld leider nichts. Das an den LKWs verdiente Geld fließt in den großen Topf. Nur ein geringer Teil kommt den 26 000 Autobahnkilometern zugute. „In Wahrheit aber ersetzt die Maut nur andere Haushaltsmittel“, so Jürgen Berlitz, Experte für Straßenbau beim ADAC. Obwohl die Maut-Einnahmen ständig steigen, wird immer weniger Geld in die Autobahnen investiert.

Zwar sind, dank der Konjunkturprogramme, im letzten und auch noch in diesem Jahr jeweils 6 Milliarden Euro in den Erhalt der Autobahnen und Bundesstraßen geflossen, aber es fehlen immer noch 1 Milliarde Euro, um den „Substanzverzehr im Autobahnnetz“ aufzuhalten. Der harte Winter in den letzten Wochen und die wünschenswerte Aussicht auf eine Konjunkturbelebung in diesem Jahr werden solche Probleme noch verschlimmern.

Etwa ein Zehntel der anfallenden Maut-Gebühr wird über die Mautstellen-Terminals an Rast- und Tankstellen kassiert. Der Großteil läuft allerdings über so genannte „On-Board-Units“, die laut Toll Collect inzwischen in 642 000 in- und ausländischen Brummis installiert sind. Könnte es schon bald sein, dass in 48 Millionen PKWs solche Geräte die gefahrenen Kilometer zählen und abrechnen? In stattfindenden Gesprächen wird aber verstärkt über eine Vignette diskutiert. Sie könnte 100 Euro im Jahr kosten und dem Staat ab 2012 weitere 4,8 Milliarden Euro in die leeren Kassen spülen.

Im Moment nimmt der Staat durch die Mineralölsteuer, Umsatzsteuer auf Mineralöl, Kfz-Steuer und LKW-Maut 53 Milliarden Euro ein. Die PKW-Fahrer zahlen dem Staat mehr als viermal so viel, wie er für sie in den Straßenbau investiert. Ist das nicht ausreichend, um die 330 Dauerbaustellen schneller abzuarbeiten und den 1 000 Kilometern überbelasteter Strecken noch jeweils einen Fahrstreifen je Richtung hinzuzufügen?

Für die Niederlande läuft schon der Countdown: Spätestens in 2016 wird die Kfz-Steuer durch ein satellitengestütztes Mautsystem abgelöst. Der Kilometerpreis beträgt, je nach Wagenklasse, Motorisierung und Tageszeit, zwischen 1,4 und 16,6 Cent. Mithilfe dieser Neuerung sollen das Klima geschützt, die Unfallzahlen reduziert und die Staus aufgelöst werden. Ausländer werden nichts bezahlen müssen, aber die Niederländer zahlen auch fürs Ausland. Sämtliche Autos werden mit GPS-Geräten ausgerüstet. Sie melden dann die gefahrenen Kilometer an die Abrechnungszentrale. Dem Datenschutz soll trotz allem Rechnung getragen werden: Start und Ziel würden nicht gespeichert.

Quelle: Aktiv Wirtschaftszeitung vom 16.01.2010

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